“HypnoBirthing-Mütter pressen nicht.” So steht es im Buch von Marie Mongan.
Das (ausschließliche) Hinunter- und Hinausausatmen des Kindes bei der Geburt funktioniert definitiv nicht bei allen, eher bei wenigen, und es soll nicht als Ideal verstanden werden oder dazu führen, dass das spontane Mitschieben unterdrückt oder als “falsch” empfunden wird.
Bei der Geburtsatmung geht es darum, die Arbeit der Gebärmutter und des Körpers zu unterstützen. Sie soll Frauen eine Möglichkeit aufzeigen, das Kind im eigenen Tempo auf die Welt zu bringen, ohne sich zum Pressen anleiten zu lassen. Sie soll aber nicht dazu führen, dass Frauen dem Impuls und Reflex zu schieben oder zu pressen nicht nachgehen – oder mit ungutem Gefühl.
Der Geburtsreflex beinhaltet ganz klar früher oder später, mehr oder weniger ausgeprägt den Reflex oder Drang mitzuschieben oder zu pressen. Er bewirkt, dass die Gebärmutter die Geburtsarbeit nicht allein bewältigen muss, sondern über andere Muskelgruppen Unterstützung erhält.
Bei Hypnobirthing soll(te) die Geburt als autonome Körperfunktion im Vordergrund stehen – und vor diesem Hintergrund wäre es unsinnig, körpereigene Reflexe zu unterdrücken. Das heißt: Die Geburtsatmung kann während der Geburt wunderbar eingesetzt werden, wenn das Baby sich auf das letzte Stück des Weges auf die Welt macht, um die Kraft der Wehen zu unterstützen. Der Mitschiebereflex gesellt sich dazu und darf sich frei entfalten. Frau schiebt nicht mehr mit, als der Reflex es vorgibt, unterdrückt ihn aber auch nicht. Im Vertrauen darauf, dass der Körper schon weiß, was in diesem Moment richtig ist.
Es kann sein, dass das kraftvolle, nach unten gerichtete Ausatmen vollkommen reicht. Es kann sein, dass frau mitschiebt oder ja: presst! und dabei laut wird und dies als sehr kraftvoll und befreiend erlebt oder als überraschend anstrengend oder echte Herausforderung.
Wer die Geburtsatmung auf der Toilette anwendet, weiß auch aus dieser Situation, dass sie unterschiedlich wirkt. Je nach Tagesform und je nach dem, was im Darm so vor sich geht. Mal setzt man sich auf die Toilette, stellt die Füße auf den Hocker, entspannt sich, atmet aus und es rutscht. Mal muss man länger, kräftiger atmen. Mal möchte man mitschieben. Mal setzt Pressdrang ein. Und bei dem Ganzen gibt es kein Richtig oder Falsch – sondern nur ein “in diesem Moment passend”. Und so ist auch bei der Geburt je nach Situation alles gut und richtig – solange es aus sich selbst heraus entsteht und nicht von außen gesteuert wird. Was frau spontan und angstfrei macht, ist gut.
Was wir nicht empfehlen, ist das angeleitete Pressen. Meist wird die Gebärende angewiesen, die Luft anzuhalten und 2-3 Mal pro Wehe so lang und kräftig zu pressen, wie sie kann. Dazu meist auch noch in ungünstigen Positionen, wie Rückenlage, mit rundem Rücken und dem Kinn auf der Brust. Dass diese Art, ein Baby auf die Welt zu bringen, selten von Vorteil und meistens mit Nachteilen verbunden ist, zeigen aktuelle Studien*. Die Geburt geht nicht schneller und nicht gesünder zu Ende.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Zum Beispiel wenn der Muttermund schon ein paar Stunden komplett offen ist, kein Impuls nach unten zu atmen oder mitzuschieben da ist oder etwas bewirkt, dann ist es manchmal sinnvoll, ganz gezielt und absichtlich und nach Anleitung zu schieben oder zu pressen, auch ohne Mitschiebereflex. Wenn die Uhr tickt, die Klinikleitlinie einer Frau nicht mehr viel Zeit lässt, bis das Baby auf der Welt sein muss, und bevor andere, invasive(re) Maßnahmen zum Einsatz kommen.
Also: Gerne die Geburtsatmung auf der Toilette Routine werden lassen, gerne bei der Geburt die Geburtsatmung anwenden und dann schauen, was passiert – ob und wann und wie kräftig der Mitschiebereflex eintritt!
Nicht nachdenken, einfach machen. Ohne Angst und ohne Dogmen. Ohne sich selbst einzuschränken, auszubremsen oder an etwas festzuhalten, was in diesem Moment nicht passt. Und ohne sich (ohne Notwendigkeit) von außen stören oder anleiten zu lassen.
Photo by Max van den Oetelaar on Unsplash
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